singletrail-skala

Es war einmal….

…Carsten und Hemme auf Alpencross 2003: Nach einer Stunde schieben erreichen wir die Passhöhe. Der nun folgende Trail auf der anderen Seite des Berges sieht aus der Ferne gar nicht schlimm aus. Am Ende aber musste ich fast 800 hm ins Tal schieben. Mein CC-Race-Fully, meine Fahrtechnik und der Trail passten einfach nicht zusammen. Carsten konnte fast alles fahren und musste entsprechend oft auf mich warten.

…Alpentour 2006: Siggi und ich arbeiten uns einen verblockten Trail entlang. Eben, mit fürchterlichen Steinen versehen, dazwischen Gras und Matsch. Ständig muss man die Linie suchen, ständig muss man treten, dauend das Vorderrad lupfen, um nicht an einem der Felsbrocken über den Lenker abzusteigen. Der ganze Körper mit samt dem Geiste ist voll gefordert. Als der Trail wieder flüssiger wird, halten wir an, grinsen wie die kleinen Kinder und sind völlig ‚high’. Der Rest der Gruppe kommt einige Minuten später. Ein Sturz unterwegs, lautes Schimpfen, sie sind nicht begeistert von dem Trail.


Irgendwann entsteht der Satz:

Für den einen der schönste Trail,
                                für den anderen die längste Schiebepassage der Welt.


Genau aus diesem Grund haben sich Ende 2004 drei Biker zusammen getan und eine Skala entwickelt, die die Schwierigkeiten von Trails klassifiziert. Dabei stand im Vordergrund „alles was gemacht wird“ zu beschreiben und anderseits niemanden anhand seiner evtl. nicht vorhandenen Fähigkeiten zu deklassieren.

Vertrider und Extrembiker Harald Philipp, der Tourenbiker Carsten Schymik und der Hardtailfahrer David Werner haben ein System entwickelt, das anhand von Geländebeschaffenheit und Steilheit Sektionen eines Trails nach Schwierigkeiten einordnet. Basis für die Skala ist eine bereits seit einigen Jahren von Willi Hofer entwickelte Einteilung.

Die Singletrail-Skala umfasst sechs Schwierigkeitsrade (S-Grade) von S0 bis S5, wobei für einen durchschnittlichen Biker das untere Skalenende mit „ohne Schwierigkeit“ und das obere mit „praktisch unfahrbar“ gleichzusetzen ist.
Bei der Orientierung nach S-Graden ist zu beachten, dass sich der fahrtechnische Anspruch beispielsweise durch schlechte Witterungsverhältnissen nach oben verschieben kann.

Die Singletrail-Skala charakterisiert schmale Wege und bergab führende Singletrails in einem sechsstufigen Punktesystem.

Ab 2007 werden hier auf www.noBrakes.de möglichst alle neuen Tourenbeschreibungen mit Hilfe der S-Grade beschrieben. Das führt zu mehr Transparenz, und jeder kann sich ein Bild machen, wie die jeweilige Tour einzuordnen ist.

Weitere Informationen, detaillierte Beschreibungen sowie zahlreiche Beispielfotos unter


www.singletrail-skala.de

 

Die Schwierigkeitsgrade

S0
S0 beschreibt einen Singletrail der keine besonderen Schwierigkeiten aufweist. Dies sind meistens flüssige Wald- und Wiesenwege auf griffigen Naturböden oder verfestigter Schotter. Stufen, Felsen oder Wurzelpassagen sind nicht zu erwarten. Das Gefälle des Weges ist leicht bis mäßig, die Kurven sind weitläufig.
Auch ohne besondere Fahrtechniken sind Wege mit S0 zu bewältigen.

S1
Auf einem mit S1 beschriebenen Weg muss man bereits kleinere Hindernisse wie flache Wurzeln und kleine Steine erwarten. Sehr häufig sind vereinzelte Wasserrinnen und Erosionsschäden. Der Untergrund kann teilweise auch nicht verfestigt sein. Das Gefälle beträgt maximal 40%. Spitzkehren sind nicht zu erwarten.
Ab S1 werden fahrtechnische Grundkenntnisse und ständige Aufmerksamkeit benötigt. Anspruchsvollere Passagen erfordern dosiertes Bremsen und Körperverlagerung. Es sollte grundsätzlich im Stehen gefahren werden. Hindernisse können überrollt werden.

S2
Im Schwierigkeitsgrad 2 muss man mit größeren Wurzeln und Steinen rechnen. Der Boden ist häufig nicht verfestigt. Stufen und flache Treppen sind zu erwarten. Oftmals kommen enge Kurven vor, die Steilheit beträgt Passagenweise bis zu 70%.
Die Hindernisse müssen durch Gewichtsverlagerung überwunden werden. Ständige Bremsbereitschaft und das Verlagern des Körperschwerpunktes sind notwendige Techniken, ebenso genaues dosieren der Bremsen und ständige Körperspannung.

S3
Verblockte Singletrails mit vielen größeren Felsbrocken und/ oder Wurzelpassagen gehören zur Kategorie S3. Hohe Stufen, Spitzkehren und kniffelige Schrägfahrten kommen oft vor, entspannte Rollabschnitte werden selten. Häufig ist auch mit rutschigem Untergrund und losem Geröll zu rechnen, Steilheiten über 70% sind keine Seltenheit.
Passagen, die den S3 aufweisen, erfordern zwar noch keine Trial-Techniken, sehr gute Bike-Beherrschung und ständige Konzentration sind aber Voraussetzung zum Bewältigen von S3. Exaktes Bremsen und sehr gute Balance sind notwendig.

S4
S4 beschreibt sehr steile und stark verblockte Singletrails mit großen Felsbrocken und/ oder anspruchsvollen Wurzelpassagen, dazwischen häufig loses Geröll. Extreme Steilrampen, enge Spitzkehren und Stufen, bei denen das Kettenblatt unweigerlich aufsetzt kommen in S4 häufig vor.
Um S4 zu fahren sind Trial-Techniken wie das Versetzen des Vorder- und Hinterrades (z. B. in den Spitzkehren) absolut notwendig, genauso wie perfekte Bremstechnik und Balance. Nur Extremfahrer und Ausnahmebiker können S4 bewältigen, selbst das Hinabtragen dieser Passagen ist häufig nicht ungefährlich.

S5
Der Schwierigkeitsgrad S5 ist charakterisiert durch blockartiges Gelände mit Gegenanstiegen, Geröllfelder und Erdrutsche, ösenartige Spitzkehren, mehrere hohe Stufen direkt hintereinander und natürliche Hindernisse wie umgefallene Bäume kommen häufig vor, oft in extremer Steilheit. Wenn überhaupt ist wenig Auslauf bzw. Bremsweg vorhanden. Hindernisse müssen z. T. in Kombination bewältigt werden.
Nur wenige Ausnahmefahrer versuchen Passagen im 5. Schwierigkeitsgrad zu bewältigen. Hindernisse müssen teilweise übersprungen werden. In Spitzkehren ist das Versetzen kaum noch möglich. Selbst das Tragen des Bikes wird hier fast unmöglich, da man sich beim Gehen festhalten oder gar klettern muss.

Wichtig:
Nicht alle Faktoren müssen erfüllt werden um eine Passage einem gewissen Schwierigkeitsgrad zuzuordnen. Ein Singletrail kann passagen- oder abschnittsweise durchaus auch unterschiedliche Schwierigkeiten aufweisen. Der Weg wird also z. B. als S2er beschrieben mit zwei S3 Passagen.

Die Teilnehmer einer Tour können ihrem Guide nun vor der Tour sagen: „Wir fahren in der Regel auf S2 Niveau“ und ersparen sich dann die eine oder andere Enttäuschung mit den damit verbundenen, ungewollten Schiebepassagen.
Und da sich die Skala sich bei immer mehr Tour-Autoren durchsetzt, können deren Routen auch besser miteinander vergleichen werden. Der Biker kann die Tour in Bezug auf das eigene Können einschätzen.

Die Entwickler der Single Trail Skala:

Harald Philipp www.vertriders.com
Carsten Schymik www.schymik.de
David Werner www.trailhunter.de
Willi Hofer www.bikerides.at
 

Weitere Informationen, detaillierte Beschreibungen sowie zahlreiche Beispielfotos unter


www.singletrail-skala.de

Helmut Hägele - Oktober 2006
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